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WordCamp Köln 2011

Freitag

Nach einer furchtbaren Nacht ohne Kater kurz nach 5 aus dem Bett. 11 Uhr kommen Nick und Micha und wir brausen los.
Da Nick Zoff mit der Dame im Navigationsgerät hat, kommen wir erst gegen 17:30 Uhr im Hotel Meininger an. Von dort gleich weiter zur Brauerei Früh, wo schon 50 andere sitzen. Drinnen ist es laut und voll; statt Bier gibt es Kölsch, eine Art teure Pisse. Ich bestelle eine Bockwurst, von der ich so lange esse, bis der Kotzdrang den Hunger aussticht.

Brauerei Früh

Flucht mit @cbuchler zum Starbucks, einen großen Kaffee fassen, dann ins Hotel. Rückzug nach innen in der Lobby, Mails abrufen, Code schreiben. 12 Uhr ins Bett. Die Inpsydetruppe feiert bis 4. Wir stehen alle 7 Uhr auf, ich bin sogar wach.

Köln

Köln ist 1970 eingefroren. Der Lohn ist ewig gutes Wetter, die Strafe Kölsch. Vermutlich hat Köln selbst dann gutes Wetter, wenn es Scheiße regnet. Weil die Leute es nicht merken. Weil sie Kölsch trinken.

Jeder duzt jeden. Im Hotel, in der Kneipe, bei Starbucks und im Taxi. Ich fühle mich ganz kurz etwas jünger, bis mir aufgeht, daß das Duzen hier einfach nichts mit dem Alter zu tun hat.

Samstag

Frühstück im Hotel. Ich verdicke die Kaffeeparodie mit Milch. Erster Anflug von Heimweh.

Bei gutem Wetter schlendern wir gegen 8 zur Universität. Verkachelte Wände, der Kaffeeautomat spuckt eine Brühe in den Pappbecher, die sicher nicht zum ersten Mal eine Niere sieht. Namensschilder und T-Shirts werden verteilt, Räume gesucht. Frank und Olaf erklären den Ablauf. Die ersten Memmen jammern auf Twitter, weil ihr Drei-Wetter-Taft versagt.

Die Sessions interessieren mich nicht. Das wußte ich vorher, ich bin der Leute wegen hier. Bis zur Mittagspause schwatze ich mich durch die Besucherschar, teste einen pappigen Cappuccino und Apfelschorle.
Der Koffeinist in mir sticht bös und böser zu. Frank und ich rennen ins nächste Café, wo wir eilig jeder zwei Tassen Kaffee einsaugen. Und über DAS BUCH sprechen. Das längst schon fertig sein sollte …

Zurück zur Uni, Frank hält seine Session, die einzige, die mich interessiert, in einem Raum, der mir zu voll ist. Ich seh’ den Code schon früh genug.

Frank Bueltge: Mehrsprachigkeit mit Multisite

Also gehe ich mit dem Schepp in ein anderes Café. Langsam gewinne ich wieder menschenähnliche Züge. Mit Christian kann ich gut plaudern, auch mal eine Pause einlegen, die nicht peinlich wirkt.
Mein leises Bedauern darüber, zu wenig Zeit für Köln zu haben, kontert Christian mit dem Hinweis auf das nächste MMT. Oha! Da habe ich gleich Lust drauf.

In die letzte Session werde ich von den Inpsyde-Leute sehr bestimmt hineingebeten. WordPress-Jeopardy. Die Besucher werden in zwei Gruppen aufgeteilt, die gegeneinander antreten. Ich darf in keine Gruppe. Ich bin der »Joker«, bekomme 1000 Punkte, weil ich einen semantischen Fehler korrigiere, statt die Frage zu beantworten, tue so, als fühlte ich mich nicht verarscht. Spiele mit.

Danach erwische ich endlich noch Sylvia für einen kurzen Plausch, bedanke mich für ihre Hilfe bei einem Artikel, der schon viel zu lange seines letzten Schliffs wartet und dringend hier ans Licht möchte.
Mit David kann ich auch endlich schwatzen. Aus dem wird mal ein guter Nerd.
Wir gehen zum Aachener Weiher, liegen auf der Wiese und sehen den Mädels zu. Ich koste die letzten Sonnenstrahlen aus. Jemand hext mir ein Kölsch in die Hand. Ich laufe umher, Musik in den Beinen. Eine Frau in roter Latzhose mit zwei Beuteln in der Hand führt Selbstgespräche. Wir teilen ein Lächeln.

Sonnenbad am Aachener Weiher

Mit 30 Leuten irren wir zum Maracana Rodizio. Hier haben wir 20 Plätze reserviert. Und kein Stuhl mehr frei. Die Gruppe schrumpft leider.
Es gibt Caipirinha und leckere Vorspeisen, dann rennen Kellner um die Tische und schälen Fleisch auf unsere Teller. Alle halbe Stunde schlängeln Tänzerinnen zu ohrenbetäubend lauter Musik an der Theke entlang. Ich fliehe hinaus.

Gegen 22 Uhr zum Hotel zurück, schwatzen, noch einen Tee und Mitternacht ins Bett. Ich schlafe schlecht, ab 5 fechten die vielen scharf gewürzten Fleischstücke in meinem Magen einen Krieg aus.

7:45 Uhr Frühstück allein. Bis 10 fallen alle anderen aus ihren Betten, Gruppenfoto, Abfahrt. Die Tour zurück klappt reibungslos, allein Nicks iPhone nimmt sich eine Wärmepause.
Kurz nach der Heimkehr bringt mein Bruder den Kater zurück, und sobald ich den original brasilianischen Tinnitus überwunden habe, kann ich die Stille genießen.


Ich wollte noch eine Kundin treffen, die dort wohnt, hätte gerne mehr von der Stadt gesehen, vor allem von den Antiquariaten.
Aber ich war schon bis zum Anschlag überreizt. Ich brauche öfter mal Pause, muß die Ideen wegschreiben, die sich unentwegt in mir auftürmen, Ruhe finden. Und ich kann das endlich auch. Manchmal.

Andere haben das WordCamp kritisiert. Manche haben einfach nur geschimpft. Es kommt wohl darauf an, was man erwartet. Ich bin zufrieden.

Alle Fotos hat Alexander Frison geschossen. Danke!

23 Kommentare

  1. Micha am 26.09.2011 · 20:13

    Es war schön mit Dir. Wie immer. Danke!

  2. Seo_Rene am 26.09.2011 · 20:27

    Kölsch das Sternburge aus dem Westen oder Reihnfallplörre!

  3. Frank am 26.09.2011 · 22:03

    Dein Ton trifft meinen Eindruck von dir und insbesondere der Satz

    Ich brauche öfter mal Pause, muß die Ideen wegschreiben, die sich unentwegt in mir auftürmen, Ruhe finden.

    sollte in einem Ticker über deinen Bildschirm laufen;
    danke dass ich mit die arbeiten darf, dass ich ehrlich & direkt sein kann und dass wir trotzdem Freunde sein können.

  4. Kau-Boy am 26.09.2011 · 22:14

    Oh Mann, an Köln lässt du ja kein gutes Haar. Aber sehr unterhaltsamer Artikel. Wenigstens ware dein Fazit gut: Das WordCamp war toll!

  5. Martin am 26.09.2011 · 22:15

    Einer der besten WordCamp Rückblicke, die ich gelesen habe.
    persönlich, ehrlich, authentisch

  6. Thomas Scholz am 26.09.2011 · 22:21

    @Kau-Boy: Ich mag Köln, deshalb fahre ich auch wieder hin. Es ist eben vieles anders, und darauf muß ich mich erstmal einstellen. Dafür war kaum Zeit. Mal sehen, ob ich im Dezember eine Woche freischaufeln kann.

  7. Kau-Boy am 26.09.2011 · 22:24

    Dann bin ich ja beruhigt :) Köln gefällt nicht jedem. Vor allem mit der direkten Art der Kölner kommen viele nicht klar. Und das Kölsch schmeckt wohl auch nur wenigen Nicht-Kölnern. Ich mag Köln sehr. Nicht nur, weil mein Vater daher kommt.

  8. Nick am 26.09.2011 · 22:47

    Super Artikel!
    Der beste meiner Meinung nach.

    Ich musste sogar ein paar mal lachen :)

  9. Alex am 26.09.2011 · 23:49

    Klasse Artikel, der mit Abstand beste Artikel über das Wochenende, das schmunzeln an der ein oder anderen Stelle konnte ich mir nicht verkneifen. Wenn das Buch mit Frank auch so amüsant wird, dann wirds ein Bestseller!

    Schön, bei solch einem tollen Beitrag mit ein paar Bildern dabei zu sein. :)

  10. Torsten am 27.09.2011 · 07:04

    Super Artikel, klasse geschrieben. Obwohl ich mit der Veranstaltung nichts am Hut habe, habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Gefällt mir. :)

  11. künftiger Nerd am 27.09.2011 · 15:50

    Ich hab gut gelacht, danke! Ganz so schlimm fand ich das Kölsch nun auch wieder nicht, aber es gehört wohl zum Lokalpatiotismus – von daher: Du hast völlig recht! Dabei kann kein Kölsch so mieß sein wie Radeberger.
    Schön, dich mal persönlich kennen gelernt zu haben ☺

  12. Markus am 05.10.2011 · 09:03

    "... der Kaffeeautomat spuckt eine Brühe in den Pappbecher, die sicher nicht zum ersten Mal eine Niere sieht."

    Ich bin gerade zufällig in dein Blog gestolpert und muss sagen es hat sich gelohnt. Etwas zum Lachen am Morgen kann nicht schaden. :-)

    Grüße Markus

  13. Ingo am 20.10.2011 · 09:47

    Wahrscheinlich kannst du es nicht mehr hören aber ich muss dir leider sagen, dass dein Artikel wirklich gut ist. Habe mich prächtig amüsiert. Danke! Dein Blog rockt! :-)

  14. Jessica am 21.10.2011 · 15:19

    Ein sehr schöne rund authentischer Artikel meiner Meinung nach! Manchmal war einem gut leicht zu schmunzeln, wo man das Grinsen sich schon gar nicht mehr verkneifen konnte =) einfach toll! LG

  15. Hamburg Blog am 23.10.2011 · 15:43

    Hehe, ein cooler Bericht. Wenn er in Hamburg wäre, hätte ich ihn mir bestimmt auch angesehen :P

  16. NRWler am 24.10.2011 · 05:20

    Hehe, genau die gleiche Erfahrung habe ich im Kölner Rodizio auch gemacht. Wobei das Essen lecker war, aber dieser Trubel um den Tisch herum ist absolut nichts für mich.

  17. Ingo am 25.10.2011 · 13:48

    Hey Thomas, wann hört man mal wieder was von dir? Hast schon lange nichts mehr geschrieben. Würde mich über neue interessante Artikel freuen. Gruß Ingo

  18. Susanne am 27.10.2011 · 16:52

    Jaja, Köln wird wohl nicht zu deiner Lieblingsstadt werden. Lustig, ich war erst neulich in einem Meininger Hostel/ Hotel. Allerdings in Hamburg.
    Würd mich auch freuen, wenn von dir mal wieder was Neues kommt!!

  19. Andy am 02.11.2011 · 14:42

    Das ist wirklich einer der besten Artikel, die ich je gelesen habe! Und was zum lachen war auch dabei. Spitze! Gruß Andy

  20. Ingo am 08.11.2011 · 17:54

    Du scheinst nicht mehr aufzutauchen...schade :-(

  21. Michael am 16.11.2011 · 15:19

    Hi, habe deine Seite gerade zufällig entdeckt. Wirklich nützliche Infos hast Du hier bereitgestellt. Der Bericht ist auch extrem cool. Das liest sich auf jeden Fall so, als ob es ein spaßiges Event war... :-) Gruss Michael

  22. sandra am 29.11.2011 · 13:01

    Stimmt, du lässt an K kein gutes Haar :( finde ich schade, dabei ist die Stadt doch total der Hammer. Die Leute sind herzlich, es ist immer was los und die Stadt bietet alles, was das Herz begehrt. Nur das Wetter könnte etwas besser sein :P Habe mal in Bayern gewohnt und das Bier dort genossen, aber Kölsch ist auch nicht verkehrt und halt günstiger als das Hofbräu in München ;)

    Ansonsten find ich deine Schreibe sehr cool ;) Schön erfrischend zynisch! Das mag ich bei Bloggern!

  23. Rene am 18.12.2011 · 06:45

    Klingt irgendwie schon wie einen Bericht über ein ordentliches Party Wochenende :) statt ein bericht über wordcamp direkt lach