Lächeln 0.9
25.01.2010 in: Kunterlei • 18 Kommentare
An vielen Social Networks des Web 2.0 – Twitter mal ausgenommen – irritiert mich immer wieder, wie wenig Humor man dort findet.
- Bei Facebook entsteht er eher unfreiwillig oder als Twitterimport.
- delicious.com füttert gerade mal meinen Zynismus: 10435 Nutzer haben delicious.com als Lesezeichen gespeichert und 44136 sogar Google.
- youtube.com glänzt mit dummen Kommentaren.
- Bei Xing.com treten sich die Leute gegenseitig auf die Krawatten.
- Und auf Google Wave kann man nur über Google Wave lachen.
Woran liegt das? Übersehe ich etwas? Fehlt mir der Humor?
Das Usenet habe ich lustiger in Erinnerung, ebenso IRC.
›Alte‹ Netzwerke, deren Teilnehmer vielleicht auch ob dieses Mangels nicht in die ›neuen‹ wechseln mögen …
Schönes Thema. Ich denke, es liegt daran, dass auf den genannten Plattformen der "direktere" Kontakt (sofern man im Netz überhaupt davon reden kann) fehlt.
Ich erinnere mich an meine IRC Zeiten oder Zeiten, in denen ich in einigen Foren aktiv war. Dort "kannte" man die Person meist länger, näher, wenn auch nicht persönlich. Es waren "immer die selben" mit denen ich mich ausgetauscht habe und so konnte eine Basis aufgebaut werden.
Bei den genannten Plattformen sind es Kontakte, Verfolger, manch einer spricht auch von Freunden. Nichts weiter, als Accounts, die verbunden sind. Das aber nur rein technisch. Von einer persönlichen Beziehung ist man weit weg.
Und nur wenn man intensiv nach Gemeinsamkeiten sucht (was die wenigstens machen) kommt man zu dem Ergebnis, dass es keine gibt.
Klaus am 26.01.2010 · 08:47
wir arbeiten alle hart, müssen uns ständig weiterbilden, blöken knapp bemessenes in alle Richtungen, um Präsenz in allen Netzwerken zu zeigen und sind deshalb immer in Eile.
Wer hat noch die Zeit sich zu langweilen, damit er auf dumme Gedanken kommt.
Wir sind alle so erwachsen, das mir darob manchmal übel werden kann.
Im Web 2.0 ist kein Platz für Lächeln 0.9, nicht mal für Grinsen 0.3.
Beenden wir diese Träume und arbeiten an Effizienz 1.1 und Kommunikation 1.6 Beta.
Naja, auf Twitter geht es ja. Dort zwingt das Format den Autor dazu, sich mit der Sprache auseinanderzusetzen – könnte man meinen. Aber auf Twick.it unterliegt man derselben Schranke und versteht gar keinen Spaß.
@Thomas Scholz:
Schreibe schön fällt bei der Aufforderung sich kurz zu fassen hintenüber, schon aus zeitlichen Gründen. ;)
Wo Religion im Spiel ist hört der Spass ganz schnell auf, bzw. Religion versteht überhaupt keinen Humor.
Du hättest dort noch testweise behaupten können, das man im Ruhrgebiet Jesus vorwiegend unter dem Namen Lattenjupp kennt.
Das hätte dem Mob eine prima Steilvorlage geliefert sich zusammenzurotten.
@Thomas Scholz:
Spielst Du auf die negativen Bewerterungen an? Deren Aussagekraft ist ganz schnell relativiert wenn man sich die Bewertungen der anderen Kommentare ansieht. Die meisten sind negativ bewertet.
Das Religion keinen Spaß versteht stimmt so auch nicht. (Man schaue sich die Comics von Werner „Tiki“ Küstenmacher an, das sind aber meist „Insider“).
Was Humor im Netz angeht: Bei der schriftlichen Kommunikation fehlt die Mimik und der Tonfall. Hinzu kommt, dass man seinen Gegenüber nur selten persönlich kennt. Schreibt man so, wie man in einem persönlichen Gespräch reden würde, führt das zwangsläufig zu Missverständnissen. Von daher muss man mit Ironie und Wortwitzen sehr sorgsam umgehen. Meiner Erfahrung nach steigt das Verständnis für Späße mit der Dauer die man sich im Internet bewegt. Man lernt nicht alles auf die Goldwage zu legen.
@David: Die »Humorstrafe« auf Twick.it beschränkt sich nicht auf religiöse Themen. Ich habe das Beispiel nur ausgewählt, weil ich niemand anderen durch den Kakao ziehen wollte. Klickt ich mich dort durch die Themen, so finde ich zu viele dröge, banal-nutzlose Definitionen, die kein Mensch braucht. Nicht einmal zur Unterhaltung.
Ich behaupte nicht, Religion könne keinen Spaß machen. Außerhalb des Social Webs halte ich das durchaus für möglich.
Vielleicht läuft es ja umgekehrt? Wir wagen zu wenig Ironie, und deshalb erwartet sie kaum noch jemand. Warum müssen wir an jede humorige Wendung einen Smiley pappen? Witz hat in der geschriebenen Sprache seit Homer funktioniert – und im Internet plötzlich nicht mehr?
Über der Texteingabemaske eines jeden Web-2.0-Dienstes sollten zwei Sätze stehen:
Aber das wird nie geschehen. Mit Esprit läßt sich kein Geld verdienen.
@Thomas Scholz:
Damit so Leute wie ich verstehen, daß es ironisch oder wie auch immer gemeint ist.
Ohne Smileys bekomme ich einiges in den falschen Hals, weil ich dann manches nicht richtig einordnen kann.
Würde ich die Menschen persönlich und/oder schon länger vom Posten her kennen, wäre es sicher einfacher.
Dem kann ich mich nur anschließen. ;)
@Thomas Scholz:
Wahre Ironie braucht keine Smileys. Ich würde auch nicht soweit gehen ein Forenbeitrag mit einem Werk von Homer zu vergleichen. Um Homer zu verstehen braucht es sicher eine gewisse Zeit. Einen Beitrag von einem neuen Forenmitglied kann ich nicht immer richtig einordnen. Da Zeit etwas ist, die man im Internet ja nicht mehr hat, wird es schwierig Witze noch so zu reißen, dass sie jeder versteht.
@Klaus:
Das sind auch meine Erfahrungen.
(Der Abstand zwischen Blockquote und dem nachfolgenden Absatz ist etwas klein, wenn man bei der Eingabe nicht von selbst eine Zeile frei lässt)
Perfekt zusammengefasst. :D
Das sind aber nur Klischees. Man muss die Personen hinter den Social Media Profilen einfach besser kennen, um ihren Humor kennen zu lernen. Heutzutage muss man ja nur mehr einen Klick betätigen, um als "Freund" zu gelten.
@Klaus:
Antithese: Würdest du nicht gekennzeichnetem Humor öfter begegnen, sähest du ihn leichter. Ich vermute hier ein Henne-Ei-Problem, das durch die neuen Netzwerke in die falsche Richtung getrieben wird.
@David:
Niemand würde das, klar. Ich habe ja »seit Homer« geschrieben, um auch die Trivialliteratur zu erfassen.
Das Problem mit
blockquoteentsteht durch einen Bug in Mozilla. Bockig ob dessen konstant entschleunigten CSS-Supports in den letzten Jahren werde ich das bis zum Redesign so lassen.@Thomas Scholz:
nur wenn ich den Menschen besser kennen würde.
Das würde die Interpretationsmöglichkeiten dann so einschränken, das ich den Humor besser sehen könnte.
@Thomas Scholz:
Gut zu wissen.
Zurück zum Thema: So lange HTML5 noch in Arbeit ist, könnte man doch weitere Elemente vorschlagen. Ich denke da an
oder. Dasmit kann auch keiner mehr behaupten, er hätte was falsch verstanden.Hoppla, ich hab vergessen zu maskieren.
Ich dachte an
<irony>und<blockjoke>.theyl am 30.01.2010 · 17:44
Humorlos!
Jesus hat niemals gelacht - zumindest vertritt Jorge von Burgos diese These (und das radikal) im Buch "Der Name der Rose" von Umberto Eco. Ich halte es da eher mit dem altgriechischen Philosophen, dessen Buch da gut versteckt werden soll, weil darin steht, dass Lachen gesund ist. Wer nicht - auch über sich selbst - lachen kann, hat kein leichtes Leben.
Humor oder Ironie kennzeichnen zu müssen, wäre doch wirklich bedauerlich.
Heitere Grüße, Thomas
{offtopic}
Postscriptum: ganz vergessen - ot oder offtopic wäre ein nützliches neues Tag.
{/offtopic}
Die fehlende Mimik und Gestik ist sicher ein Problem. Die vielen Smilies nerven mich teilweise auch, da manche sie an Stellen verwenden, an denen sie eigentlich gar keinen Sinn ergeben. Vielleicht haben Smilies aber auch ihren ganz eigenen Humor. Ein Grund, warum es auf vielen Plattformen so humorlos zugeht, liegt sicherlich darin, dass Humor leicht missverstanden wird. Wenn jemand oft humorvoll schreibt und dies immer falsch aufgenommen wird, resigniert er vielleicht irgendwann und lässt den Humor einfach weg. Allerdings sind viele Social Networks meiner Ansicht nach eher unfreiwillig komisch, gerade die Foren sind manchmal eine ganz lustige Angelegenheit.
@theyl: Um das Thema zu wechseln, werden in HTML5 <hr>'s verwendet. (Irgendwo aufgeschnappt)