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Wut und Frieden in der Musik. Michael Jackson ist tot.

Vorhin, kurz nach Mitternacht, ging auf Twitter das Gerücht um, Michael Jackson sei gestorben. Im Lauf der nächsten Stunde zogen dann auch die Newsseiten nach, und inzwischen ist es »amtlich« (vulgo: von der BBC bestätigt).

Ich fand seine Musik mit 15 eine Weile gut. Das war 1989, Wendezeit, erste Liebe, erster Liebeskummer …
Ich glaube, mich hat die unterdrückte Wut berührt, die beispielsweise in Dirty Diana gerade deshalb so intensiv wirkt, weil sie nie ganz aufgelöst wird.

Wenig später habe ich über Marillion zu Iron Maiden, Metallica und Megadeath gefunden. Ich hatte eine Menge Wut in mir, und zu »Jacko« konnte ich sie schon längst nicht mehr wegtanzen.

Heute, 20 Jahre später, habe ich meine eigene Idee davon, wie Wut und Musik zusammenhängen. Innere Ruhe, vielleicht sogar Frieden, kann man nur auf zwei Wegen erreichen: 1. Man läßt die Wut heraus, und lebt mit dem, was übrig bleibt. 2. Man nimmt der Wut den Grund.

Der erste Weg ist leicht. Schnelle, harte Musik kann enorm dabei helfen. Aber die Wut kommt immer wieder und mit ihr der Drang, sie abzureagieren. Dieser Weg endet nie. Eigentlich ist es kein Weg, nur eine Variante Poes Pendels.

Der zweite Weg ist schwer und langsam. Ich arbeite seit Jahren daran. Aber die ersten Früchte kann man schon viel früher eintragen. Für mich besteht die wichtigste darin, daß ich Bach zuhören und dabei einen Frieden erleben kann, den ich vor 20 Jahren für schlicht unmöglich gehalten habe.

Ich bin kein religiöser Mensch. Wer stirbt, der stirbt vermutlich nur. Aber wenn ich mich irre, dann muß Jackson jetzt hoffentlich seine Wut so wenig unterdrücken wie allen anderen, die zuvor gestorben sind. Nicht, weil er jetzt frei herausschreien kann, oder weil er nicht mehr weiß, was Musik ist – sondern weil er keine Wut mehr empfindet. Nur noch den Frieden aus Bachs Musik.

3 Kommentare

  1. Ute am 26.06.2009 · 02:42

    Zu Michael Jackson habe ich ein zwiespältiges Verhältnis, deshalb habe ich kurz überlegt, ob ich überhaupt den Artikel lesen will.

    Es hat sich gelohnt.

    1. Man läßt die Wut heraus, und lebt mit dem, was übrig bleibt.
    2. Man nimmt der Wut den Grund.

    Manchmal klappt einer der Wege dann höre ich mir Bach hier bei dir gut neun Minuten an.
    Oft bevorzuge ich Metal, HardRock oder Punk, sicher nicht immer grundlos.

  2. GwenDragon am 26.06.2009 · 21:25

    Mir lag Jacko nie. Ich bin einfach mit zu viel R&B, The Who, Stones, diversen Gruppen wie AC/DC und später Punk in die Erwachsenwelt gewachsen.
    Gegen Wut hilft Musik ein bisschen, Punk war dazu richtig gut.

    Klassik kam erst später mit einer guten Anlage und dem Alter (>35) ;)
    Aber Thomas hat Recht, zum Ruhe finden ist Klassik wundervoll geeignet. Obwohl auch das Indische mit sanften Sithar-Klängen oder auch Japanisches mit Flöte auch beruhigend wirkt. Kommt eben auf die Leute an, die dem lauschen.

    Den Grund der Wut kann eine wohl nicht komplett beseitigen, aber den Umgang mit dem Grund und der daraus folgende Wut.
    Einmal um den Block rennen, Abstand gewinnen hilft da oft auch.

    Ansonsten gibt es Musik- Aber eine schnurrende Katze, die beruhigt auch ungemein und lässt zu eigenem Frieden finden.

  3. Blokster am 03.07.2009 · 21:48

    "Nur noch den Frieden aus Bachs Musik."

    Hahah ... gelunger Abschluss ...