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Versteppt

Wann immer ein Mob, ein Beben oder anderes Ungemach seine Spuren in das zeichnet, was wir leichtfertig »Zivilisation« nennen, fällt den Nachrichtlern keine bessere Beschreibung ein als »schwere Verwüstung«.

Wüste? Die Menschen, die sich plötzlich in zehn Meter hohem Wasser wiederfinden oder in ihrem brennenden Laden festsitzen, weil draußen manueller Steinschlag herrscht, wären über zehn Minuten Wüste froh.

Und warum »schwer«? Eine leichte Verwüstung nennen wir »Steppe« – also braucht die Verwüstung niemals ein Beiwort für den Härtegrad.

Aber der Gleichmut – oder Zynismus – angesichts des alltäglichen Grauens bewirkt bei vielen Redakteuren wohl eine schwere Versteppung ihres Sprachgefühls. Schade. Denn frische Worte für frisches Elend könnten uns vielleicht noch berühren. Und vielleicht wären wir dann eher bereit zu helfen.

Ein Kommentar

  1. Maria am 31.12.2008 · 18:53

    Versteppt... Das trifft's!
    Ich finde sie gut, deine Texte. Bin zufällig auf deine Seite gestoßen, über die Suche nach Komplizen auf einer Plattform, die sich XING nennt.

    Dir ein buchstäblich einfallsreiches 2009!

    Grüße vom Schreibtisch am letzten Tag des Jahres,
    Maria